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Anforderungsflut und Gesetzesdschungel – der Handlungsdruck steigt
Der Handlungsdruck für Händler von Elektrogeräten auf dem deutschen und auch anderen europäischen Märkten steigt. Europäische und nationale Regelungen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft erlegen den betroffenen Unternehmen mehr und mehr – von Land zu Land unterschiedliche – Informations- und Meldepflichten sowie Registrierungs- und Nachweispflichten auf.
Seit über 20 Jahren wird das Thema Abfallmanagement von Elektrogeräten mittels gesetzlichen Regelungen rund um den Dreiklang WEEE (EU-WEEE-Richtlinie), Batterien (EU-Batterie-Richtlinie) und Verpackungen (EU-Verpackungsrichtlinie) organisiert.
Fast alle existierenden europäischen und nationalen gesetzlichen Regelungen und Maßnahmen haben das Ziel, Hersteller für den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte in die Pflicht zu nehmen (erweiterte Herstellerverantwortung) und die Nachhaltigkeit der Produkte im Sinne der Kreislaufwirtschaft zu fördern. Ihnen liegt dabei in den allermeisten Fällen ein gemeinsamer Nenner zu Grunde: Sie erlegen den betroffenen Unternehmen explizit Informations- und Meldepflichten sowie Registrierungs- und Nachweispflichten auf. Hier einige Beispiele:
Wichtige Meldepflichten für Elektrogeräte kurz zusammengefasst
Im Rahmen der erweiterten Herstellerverantwortung müssen die Unternehmen, die ein Elektro- und Elektronikgerät in einem EU-Mitgliedsstaat als erstes „in den Verkehr“ bringen, über die verkauften Artikel Mengenmeldungen abgeben.
Gemäß ihren Meldungen – getrennt nach erstens dem Artikel selbst, zweitens dem Akku/der Batterie sowie drittens der Verpackung – entrichten die Unternehmen im Sinne einer Vorsorge vorgezogene Recyclingbeiträge, die dann von Rücknahme-Organisationen (sogenannte Producer Compliance Scheme) zur nachhaltigsten Entsorgung im Sinne der Abfallhierarchie (Abfallvermeidung -> Wiederverwendung -> Recycling -> sonstige Verwertung -> Beseitigung) genutzt werden.
Fast alle 27 EU-Mitgliedstaaten sowie auch die sogenannten EFTA-Staaten und Großbritannien fordern verpflichtend für Unternehmen eine sehr spezifische Meldung.
Versäumnisse und Fehler fallen auf
Die geltenden Regeln werden nicht nur erweitert und verschärft, auch der grenzüberschreitende Vollzug und die Durchsetzung werden gestärkt: Behörden aus EU-Mitgliedstaaten arbeiten zusammen, um den Gesetzesvollzug EU-weit zu verbessern; Onlineverzeichnisse mit allen rechtskonform registrierten Herstellern machen eine Überprüfung für Verbraucher und Mitbewerber sehr einfach und auch Marktüberwachungsbehörden und der Zoll erhalten zunehmend mehr Kompetenzen.
All dies macht ein Auffallen von Verstößen und Versäumnissen und die entsprechenden Folgen (Abmahnungen, Bußgelder & Gewinnabschöpfungen sowie Vertriebsverbote) wahrscheinlicher.
Daten und Informationen – richtig gemanaged ein wesentlicher Erfolgsfaktor
Bereits in den letzten Jahren waren viele Daten und Informationen erforderlich, die auch von Händlern bereitgehalten werden mussten, um Umwelt-Compliance-Vorgaben zu bedienen. Aktuell verschärft die EU im Rahmen des verabschiedeten europäischen Green Deal (2019) und des EU-Aktionsplanes zur Kreislaufwirtschaft (2020) ihre Aktivitäten weiter: In der nächsten Zeit sind zahlreiche weitere gesetzliche Vorhaben geplant, die dazu führen werden, dass dadurch der Bedarf an Daten und Information noch erheblich ansteigt.
Insofern wird das IT-gestützte Beschaffen und Vorhalten komplexer und umfangreicher (Artikel-)Daten als Grundlage zur Erfüllung der Vorgaben zunehmend zwingend erforderlich!
Nachhaltiges Produktdesign und dessen Vorgaben als kommendes Schlüsselelement
Gemeinsam ist den bestehenden und vor allem den zukünftigen Regelungen und Maßnahmen auch, dass umweltfreundliches Produktdesign und dementsprechende Anforderungen die zentrale Rolle spielen bzw. in Zukunft spielen werden.
Zentrales Element dieser Anstrengungen ist die kurzfristig erwartete Verabschiedung der neuen EU-Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte. Sie löst die bestehende EU-Ökodesign-Richtlinie nicht nur ab, sondern schafft durch Ihren unmittelbar auf die Wirtschaftsakteure in den Mitgliedsländern wirkenden Zugriff zusammen mit ihren ergänzenden Rechtsakten einen gleichzeitig bindenden und harmonisierenden Charakter. Inhaltlich weitet Sie die Ökodesignvorschriften von der vorherigen Konzentration auf Energieeffizienz und auf einzelne betroffene Produktbereiche weiter aus: Zum einen, in dem sie Standards setzt, Produkte nachhaltiger, zuverlässiger, wiederverwendbar, nachrüstbar und reparierbar zu gestalten; zum anderen, indem sie für wesentlich mehr Produkte als bisher Anwendung findet, u.a. für alle Elektro- und Elektronikartikel. Ein die Gesetzesinitiative begleitender Arbeitsplan dient als operative Roadmap und beschleunigender Motor der Umsetzung.
Digitale Produktpässe als Mittel für mehr Transparenz und Effizienz
Fester Bestandteil der neuen EU-Ökodesign-Verordnung ist die verpflichtende Einführung eines Digitalen Produktpasses aller in den Geltungsbereich der Verordnung gehörenden Produkte. Dies wird die bestehenden Informationspflichten der Unternehmen und damit auch den Bedarf an verbessertem Artikeldatenmanagement in Zukunft wesentlich verändern. Erste Pilotprojekte zum Produktpass wurden branchenbezogen bereits gestartet. Auch im Entwurf der neuen EU-Batterieverordnung ist der Digitale Produktpass bereits vorgesehen.
Reparierbarkeit als politisches Ziel
Die EU-Ökodesign-Verordnung integriert und harmonisiert auch Anstrengungen, die in den vergangenen Monaten und Jahren bereits in Einzelmaßnahmen auf den Weg gebracht wurden: So wird etwa versucht, das sogenannte übergeordnete Recht auf Reparatur zu etablieren. Hierzu werden in den europäischen Ländern bereits erste Ideen punktuell umgesetzt: Erstens die finanziellen Anreizsysteme der Producer Compliance Schemes (Bonus-Malus-Systeme), die eine differenziertere Meldung erfordern und damit u.a. das Kriterium der Reparierbarkeit von Produkten in den vorgezogenen Recyclingkosten berücksichtigen. Länder wie Frankreich, Spanien, Schweden und die Niederlande belohnen so schon jetzt ein umweltfreundliches Produktdesign. Andere Länder werden folgen.
Zweitens wurde das Werkzeug des Reparierbarkeitsindex erdacht: ein verpflichtendes Umweltlabel, das dem Kunden beim Kauf aufzeigt, wie gut der Artikel zu reparieren ist und dadurch länger genutzt werden kann. Zum Erhalten des Labels in entsprechender Ausprägung muss ein Unternehmen bestimmte landes- und produktspezifische Kriterien erfüllen. Vorreiter in der Umsetzung dieses Pflichtlabels sind zurzeit insbesondere Frankreich und Spanien. Aber auch hier folgen weitere Länder, so hat Deutschland die Umsetzung bereits angekündigt. Die EU spricht sich für eine Einführung in allen Mitgliedsstaaten aus.
Zusätzlich haben sich eine Vielzahl an freiwillig zu erlangenden Umweltlabels etabliert, die – in Teilen auf ähnlichen Kriterien der Reparierbarkeit beruhend – mittlerweile insbesondere aus Endkundensicht einen hohen Stellenwert bei der Kaufentscheidung einnehmen können (z.B. das EU Ecolabel).
Umweltfreundliches Produktdesign als strategisches „Must Have“ und unverzichtbarer Imagefaktor und Kaufanreiz
Umweltfreundliche Produkteigenschaften wie Reparierbarkeit oder der Einsatz von recycelten Materialien nutzen nicht nur der Umwelt, sondern auch den Händlern, da sie für VerbraucherInnen einen großen Kaufanreiz darstellen. So entwickelt sich das Thema nachhaltiger Elektro- und Elektronikgeräte zunehmend von einem „notwendigen Übel“ zu einem strategischen, kommunikativen und vertrieblichen „Gamechanger“ für die beteiligten Unternehmen. Diverse Studien anerkannter Marktbeobachter, etwa KPMG, Bitcom oder Statista, verdeutlichen dies: die Rolle von Informationen zu Nachhaltigkeits- und Umweltaspekten und der transparente Umgang gegenüber Verbrauchern mit diesem Themenkomplex wird den Kunden immer wichtiger. So informieren sich 85% der Verbraucher über Nachhaltigkeit bei Produkten, 70 % wünschen sich hierfür deutlichere Informationen über die Nachhaltigkeit der Produkte. Und bereits mehr als ein Drittel der Verbraucher gibt an, vor dem Kauf darauf zu achten, ob das Unternehmen, bei dem sie kaufen, sozial und ökologisch nachhaltig handelt.
Fazit: Die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind für VerbraucherInnen mittlerweile von nice-to-have zu must-have-Kriterien bei der Auswahl von Händlern und den Produkten selbst geworden.
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